Ein besonderes Fest
Ein besonderes Fest Lesezeit: ca. 2 Minuten "Zum Glück muss ich wenigstens nicht arbeiten.", dachte er sich und wendete verächtlich den Blick von den Bauarbeitern ab, die in der eisigen Kälte dabei waren, eine kaputte Ampel zu reparieren. Solch eine Drecksarbeit an Heiligabend.
Autor: weihnachtsgeschichte.biz
Die Arbeiter schienen sichtlich zu frieren. Keiner war besonders warm angezogen. Ihre Körperhaltung war angespannt. Minus drei Grad zeigte ihm das leuchtende Display des Wagens an. Sein stolzes Lächeln spiegelte sich in der glänzenden Oberfläche der Amatur. Der neue Wagen war wirklich toll.
Wenig später bog er in seine Straße ein, vorbei an dem kleinen, schäbigen Haus der Nachbarsfamilie und parkte in seiner eigenen kiesbestreuten, beleuchteten Einfahrt.
Das Haus wirkte wie ein riesengroßes, schwarzes Loch mit seinen unzähligen dunklen Fenstern. Das er Weihnachten alleine verbrachte, war er gewohnt und es machte ihm nichts aus. Er freute sich auf die angenehme Ruhe, auf den teuren Rotwein und die feine Ente, die er besorgt hatte.
Während er in seiner Küche saß, den Wein genoss und den beruhigenden Klängen der Engelschöre lauschte, konnte er durch die großflächige Verglasung seines Wohnzimmers das Nachbarhaus beobachten. Mittlerweile war es dunkel geworden und es fielen einzelne Schneeflocken. Die Küche der Nachbarn verbreitete ein gelbliches Licht in der Dunkelheit. Die Eltern schienen mit ihren Kindern zu kochen. Die Küche war deutlich zu klein für vier Leute. Sie alle waren beschäftigt mit den Vorbereitungen des Weihnachtsessens und standen sich dabei ständig im Weg. Anstrengend.
Mit der Fernbedienung drehte er die Bodenheizung zusätzlich weiter auf und bald wurde die Wohnung wohlig warm. Während er die fallenden Schneeflocken beobachtete, kamen ihm mit einem Mal die Bauarbeiter in den Sinn. Ob sie wohl immer noch beschäftigt waren? Hatten sie wohl Familie zuhause, die sie sehnlich erwarteten? Es war wirklich viel zu kalt, um stundenlang in der Kälte zu arbeiten.
Verärgert schüttelte er den Kopf. Energisch, als ob er somit auch die lästigen Gedanken verscheuchen wollte.
Später konnte er nicht genau erklären, warum er wenig später den guten Entenbraten kalt werden ließ und sich auf den Weg machte. Er parkte in der Nähe der Baustelle und fand diese leer vor. Die Bauarbeiter waren allesamt weg, vermutlich daheim bei ihren Familien. Er fühlte sich mit einem Mal sehr einsam und ärgerte sich über dieses Gefühl.
"Brauchst Du Hilfe?", vernahm er die Stimme eines Obdachlosen, der sich auf einige Treppenstufen gekauert hatte. Diese Frage löste irgendetwas in ihm aus, Tränen rannten mit einem Mal seine Wangen herunter und fühlen sich heiß auf seinem kalten Gesicht an. Der Obdachlose streckte ihm wortlos eine Flasche billigen Rotwein hingegen. Als er wenig später neben dem Mann auf der Treppenstufe saß, sie sich leise unterhielten und den günstigsten Wein tranken, den er je gekostet hatte, durchströmte ihn trotz der Kälte mit einem Mal eine wohlige Wärme. In der Ferne hörte er die Kirchturmglocken läuten und hatte noch nie so ein weihnachtliches Gefühl gehabt. Noch viele Jahre später dachte er wieder an diesen Moment, wenn er an Weihnachten alleine in seiner eigenen Küche saß.